Die VASSALlen an die Front: Erstkontakt mit der virtuellen Armada-Welt

Es war zum Haareraufen! Ich hatte endlich dieses unsagbare geniale Spiel mit den ganzen hübschen Minaturen, den X-Flüglern und den Sternenzerstörern. Wie ein Kind hüpfte ich damit durch die Wohnung erfreute mich daran, infantile Geräusche abzugeben. Aber eines hatte ich fast nie: Gelegenheit zum Spielen! Ab und zu hat es ja schon geklappt. Ab und zu konnte ich einen meiner Freunde dazu überreden, eine Partie zu wagen. Ab und zu konnte ich Frau und Kind damit vertrösten, mich selbst wie ein Kind zu benehmen. Aber was ist schon Ab-und-Zu, wenn einem andauernd neue Flottenideen einfallen – wenn man sich danach sehnt, das Schläfen in der Hitze des Gefechts pochen fühlen zu wollen?

Und dann kam die Erlösung: VASSAL – die Möglichkeit, Star Wars: Armada am virtuellen Spieltisch zu spielen! Zahllose Schlachten habe ich seitdem geschlagen. Und wo ich zuvor meist meine Freunde am Spieltisch vermöbelt hatte, wurde ich nun am virtuellen Spieltisch selbst vermöbelt.

 

Der heutige Artikel soll den Auftakt zu einer Artikel-Serie über Star Wars: Armada auf VASSAL darstellen. Er ist noch kein Tutorial. Das wird späteren Artikeln vorbehalten sein. Vielmehr will der heutige Artikel ein Verständnis dafür wecken, was VASSAL ist, welche Möglichkeiten es bietet und welche Vor- und Nachteile damit verbunden sind.

 

 

Was ist VASSAL?

 

Was ist also VASSAL? Bei VASSAL handelt es sich um einen generischen Brettspielsimulator, also eine Plattform, auf der man allerlei Brettspiele auf dem Computer simulieren und somit spielen kann. Und so gibt es eben auch ein VASSAL-Modul für Star Wars: Armada, mit dem man unsere geliebten Raumschlachten simulieren kann.

VASSAL ist allerdings kein „richtiges“ Computerspiel, sondern eben ein Brettspielsimulator. Das heißt, dass es in seiner Funktion auch nicht über das Brettspiel hinausgeht. Zum einen bedeutet dies, dass es keine künstliche Intelligenz gibt, gegen die man antreten könnte. Aber auch hat dies zur Folge, dass man alles, was man beim Brettspiel macht, auch bei VASSAL machen muss. Wenn man den Angriff einer Hüllensektion ansagt, so tritt kein Automatismus in Gange, der den Schaden ermittelt und beim gegnerischen Schiff abzieht. Viel mehr muss man selbst die (virtuellen) Würfel werfen, jeden Schildpunkt individuell beim Ziel abziehen usw. Auch kennt VASSAL nicht die Armada-Regelen: Man könnte beliebig häufig von einer Hüllensektion feueren, ohne dass VASSAL meckert. Oder man kann völlig frei an den Schildrädern der Schiffe drehen – eben wie man es auch am echten Spieltisch vermag. Wie es Green Knight (so der Nickname des Maintainers des Armada-Moduls) es einmal gesagt hat: Es handelt sich um die Simulation (VASSAL) einer Simulation (Armada) eines fiktiven Szenarios (Star Wars).

Die Simulation erfolgt an einem zweidimensionalen Spieltisch. Die folgenden Screenshots (anklicken, um zu vergrößern) zeigen, wie die Darstellung des Spieltischs erfolgt. Auf dem ersten Bild sehen wir den Spieltisch (und auf dem zweiten einen vergrößerten Ausschnitt davon). Wie im echten Spiel haben wir eine Unterlage (ein gutes Dutzend davon stehen zur Auswahl), die das eigentliche Spielfeld darstellt. Hier stehen die virtuellen Schiffminaturen auf ihren Basen, liegen die Hindernisse etc. Drum herum werden die Schiffs- und Aufwertungskarten, Kommandostapel, Schadenskarten und, was man halt so benötigt, platziert. Am oberen Rand ist eine Leiste mit einigen spielrelevanten Funktionen, die zu erläutern aber einem Tutorial vorbehalten sein wird.

Auf dem dritten Bild sind weitere wichtige Fenster zu sehen: das Große auf der linken Seite, zeigt die Hauptkonsole. Hierüber werden die anderen Fenster kontrolliert, Spiele begonnen und sich mit dem Spielpartner unterhalten (wenn man sich nicht andere Kommunikationswege sucht). Auch noch zu sehen sind die Fenster des Würfelbereichs, des Rundenzählers und des Schadensdecks.

 

 

Was braucht man für VASSAL?

 

VASSAL ist soooo genügsam. Wie man sich denken kann, ist keine besondere Hardware von Nöten. Es handelt sich nicht um grafische oder rechnerische Höchstleistungen, welche der Computer vollbringen muss. Auch ist die Plattform ziemlich egal: Ob Linux, Windows oder Apple – VASSAL gibt es für sämtliche Desktop-Systeme. Auf jeden Fall braucht man noch eine stabile Internetverbindung. Die muss dafür aber nicht sonderlich schnell sein – werden doch keine Gigabytes an Daten verschoben.

Es gibt nur eine wirkliche Hardware-Hürde, wenn man Armada auf VASSAL spielen möchte: Ohne zweiten Monitor ist es eine Qual. Und zwar eine wirkliche Qual. Ich würde dies nicht einmal im Notfall machen. So viel ist es mir dann doch nicht wert. Ich habe zwar ohne zweiten Monitor in das Spiel hineingeschaut, aber alles, was weiter gehen soll, jedes ernsthafte Spielen, braucht de facto einen zweiten Monitor (auch wenn er technisch gesehen nicht notwendig ist). So lege ich immer den Spieltisch auf den Hauptmonitor, während der zweite Monitor wie oben im dritten Bild belegt ist.

Es ist natürlich leichter, wenn der Hauptbildschirm eine gewisse Größe aufweist, aber nicht notwendig. Die meisten Spiele habe ich auf meinem Laptop-Bildschirm (15 Zoll) gespielt und mir hat das völlig gereicht. ist.

Der zweite Monitor muss wirklich nicht gut sein. Früher habe ich manchmal im Hotelzimmer einfach den kleinen Hotelfernseher als Zweitmonitor angeschlossen. Und alte TFT-Monitore gibt es gebraucht auf ebay oder quoka für unter 30 € und die tun es auch.

 

 

Warum Vassal?

 

Dafür, Star Wars: Armada via VASSAL online zu spielen, sprechen eine Menge Gründe:

  • Der offensichtlichste Grund dafür ist, dass man viel leichter eine Spielgelegenheit findet. Man braucht keinen besonders geeigneten Raum, keinen überdimensionierten Spieltisch, aber vor allem findet man viel leichter jemanden, der auch gerade Lust hat zu spielen, wenn man selbst Zeit hat. Man hat einmal einen Nachmittag frei, während die Freunde alle arbeiten? Auf VASSAL könnte sich auch gerade jemand tummeln. Es ist kurz nach 20 Uhr – zu spät, um unter der Woche noch wegzugehen, zu früh, um sich ins Bett lümmeln. Warum nicht noch eine Runde Armada via VASSAL? VASSAL hat die Zahl der Armada-Spiele, die ich inzwischen gespielt habe, mehr als verzehnfacht (!). Es gibt übrigens eine eigene Matchmaking-Gruppe auf Facebook, in der man sich zu Spielrunden verabreden kann (siehe Linksammlung). Die ist aber nicht zwingend notwendig. Mann kann das Programm einfach so starten und schauen, ob jemand anwesend ist
  • Ich würde fast immer eine Runde Armada am echten Spieltisch einer virtuellen Runde vorziehen. Aber VASSAL bietet einige Vorteile, mit denen der echte Spieltisch nicht aufwarten kann. Einer davon ist, dass es mit ein bisschen Übung schneller geht als eine echte Partie. Zwar braucht man in der Einlernphase länger, aber nach ein paar Spielen, wenn man die Shortcuts kennt, sind die Schablonen schneller auf dem Spieltisch und wieder weg, die Minaturen schneller bewegt. Man muss nichts aus dem Weg räumen, wenn sich etwas kurzfristig überschneidet. Keine Tische müssen verrückt und keine Matten ausgerollt werden. Hat man die Flotte bereits vorbereitet, so braucht es nur wenige Mausklicks, um sie auf den Spieltisch zu beschwören. Dieser Vorteil wird übrigens besonders relevant, wenn man nur einmal kurz etwas außerhalb eines Spiels ausprobieren möchte (Flottenbewegung üben etc.).
  • Schon einmal 3 ISDs aufs Spielfeld geschickt, oder 13 Gozantis? Nicht genug Miniaturen? VASSAL macht es möglich. Man muss sich nicht darum scheren, was in der eigenen Sammlung wirklich existiert. Selbst die verrücktesten Flottenideen lassen sich am virtuellen Spieltisch realisieren, ohne dass man dafür viele, viele Euros in den Spieleladen tragen müsste. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass VASSAL Open Source und damit kostenfrei ist? Einziges Problem ist hier, dass man aus rechtlichen Gründen darauf verzichtet hat, den Text der Aufwertungs- und Schiffskarten ins Armada-Modul zu übernehmen. Das heißt, dass auf diesen Karten am virtuellen Spieltisch, die relevanten Informationen nicht zu sehen sind. Dies soll sicherstellen, dass man sich trotz VASSAL auch das originale Spiel kauft. Da die originalen Karten neben dem Computer liegen zu haben, mir jedoch äußerst umständlich erscheint, würde ich hier empfehlen einfach ein Browser-Fenster mit den entsprechenden Informationen im Hintergrund offen zu halten - bspw. mit der Armada Warlords-Webseite (siehe Linksammlung).
  • Ist man der beste Armada-Spieler im Freundeskreis? Gibt es keine wirklichen Herausforderungen mehr auf den Spieletreffs im angestammten Spieleladen? Auf VASSAL tummeln sich garantiert neue Herausforderungen. Hier kann man extrem erfahrenen Spielern aus der ganzen Welt begegnen. Auch der frisch gekürte gegenwärtige Armada-Weltmeister treibt hier sein Unwesen (Nickname JJs Juggernaut). Während man in der lokalen Spieleszene droht, im eigenen Fett zu brutzeln und die gängigen Flottenzusammenstellungs-Strategien, das sogenannte Meta, eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen, herrscht auf VASSAL ein enormer Wildwuchs, wo man sich noch so manche Inspiration holen und Strategie abschauen kann.
  • Der letzte Vorteil zählt hierzulande besonders viel. Schon seit einem viertel Jahr spielt die englischsprachige Armada-Welt hübsch mit den Schiffen der Welle IV, während wir vom Heidelberger Spieleverlag noch nicht einmal zuverlässige Veröffentlichungsdaten genannt bekommen. VASSAL ermöglich nicht nur, die neuen Schiffe pünktlich zur Veröffentlichung auf dem Spieltisch navigieren zu können, sondern vielmehr kann man schon vor dem Erscheinungstermin am virtuellen Spieltisch alles testen, was auch nur angekündigt ist. Während die ganze Armada-Welt das Erscheinen von Konflikt um Corellia herbeisehnt, fliegen Black Squadron und Cienna Ree schon seit Monaten über VASSAL-Spieltische.

 

Es soll aber nicht unterschlagen werden, dass VASSAL nicht auch eine ganze Reihe an Nachteilen gegenüber dem echten Spieltisch hat:

  • Der große rosa Elefant im Raum sind natürlich die Miniaturen. Warum sonst werfen wir Unmengen an Geld für Plastik aus dem Fenster, wenn es nicht um unsere geliebten Miniaturen ginge? Zwar wurde die Grafik beim letzten großen Update des Armada-Moduls kräftig aufgemotzt, aber es sind noch immer nur 2D-Bildchen auf der einen Seite und coole Schiffsmodelle zum Anfassen auf der anderen.
  • Und neben diesem großen rosa Elefanten steht natürlich noch einer der mindestens genauso groß ist: Chatfenster (oder Teamspeak/Skype) ist ja ganz nett und kann wirklich witzig sein, aber nicht mit dem Kontakt mit echten Menschen zu vergleichen.
  • Es gibt jedoch auch noch Probleme, die nicht direkt von der virtuellen Natur von VASSAL herrühren. Eines davon ist, dass das Modul enorm unintuitiv ist. Die Einstiegshürden sind recht hoch. Bis man die gewöhnungsbedürftige Steuerung beherrscht, dauert es schon ein paar Partien. Und in einer Zeit, in welcher der Bedarf nach sogenannter „instant gratification“ recht hoch ist, kann dies viele abschrecken. Beherrscht man jedoch erst einmal die Shortcurts, geht eine Partie recht flüssig von der Hand.
  • Das Armada-Modul ist nicht nur unintuitiv, sondern weist leider auch eine Menge Altlasten auf. Die jüngsten Revisionen des Moduls haben vieles fortschrittlicher gemacht (vor allem die Kommandoräder). Allerdings wurden die alten Spielelemente nie aus dem Modul beseitigt, sodass gerade Einsteiger in VASSAL sich schwer tun, völlig ohne Hilfe und Anleitung ihren Weg ins Modul zu finden, weil manche Funktionen doppelt und dreifach integriert sind.
  • Die VASSAL-Community ist international und daher ist Englisch die Hauptkommunikationsform. Wessen Englisch gut genug ist, wird darin kein Problem sehen. Wer jedoch davor zurückschreckt, muss einfach nur mit Darth Veggie spielen. Der navigiert auf Nachfrage auch auf Deutsch.

Sollte dieser Artikel das Interesse an VASSAL geweckt haben, so gilt es einfach, nach den nächsten Artikeln Ausschau zu halten. Sie werden Tutorials zu unterschiedlichen Aspekten von VASSAL sein. Wer nicht so lange warten will – sehr gut! Einfach an einer Sith-Karotte und der umständlichen Bedienung von VASSAL gleichzeitig knabbern und schnell ist man ein erfahrener Admiral des virtuellen Orbits. Die Links zur Software findet Ihr in der Linksammlung dieser Webseite. Ihr könnt mir auch einfach hier oder im Forum einen Kommentar hinterlassen, dann verabreden wir uns am virtuellen Spieltisch, wo ich gerne Starthilfe gebe.

 

 

 

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